Niemand kann seine Lieder so anders spielen wie Bob Dylan.
"The Times, They Are A-Changing" hat er vielleicht schon hunderte
Male auf den Bühnen dieser Welt gespielt, aber wohl noch nie genau
so wie an diesem Dienstagabend in der Hamburger Sporthalle. Der
optimistische Dreivierteltakt wurde durch einen pessimistischen
Bluesrhythmus ersetzt, der rebellische Gesang der 1963 erstmals
aufgenommenen Polithymne weicht einem nachdenklichen, ja fast
nachsichtigen Ton. "Don’t Critizise What You Don’t Understand" - die
gleichen Worte bekommen eine ganz andere Bedeutung.
Dylan bleibt über den Zeitgeist erhaben
Es
war das erste Konzert in der Hamburger Sporthalle seit dem 11.
September. Ausgerechnet an diesem Tag veröffentlichte Dylan
sein 43. Album "Love And Theft" und hielt sich im Gegensatz zu
vielen Kollegen danach von patriotischen Sondereinsätzen fern. Dylan
bleibt damit als Künstler souverän - nachsichtig, ja mitleidig
beginnt er das Konzert mit einem Country-Song. Es folgen
hingebungsvolle Versionen von "Desolation Row" und "Girl From The
North Country".
Historischer Kniefall
Dylan singt keinen Text
mehr so schneidend, ja kalt wie einst, die dunkler gewordene Stimme
ist mild und hebt nur hin und wieder zum Zeilenende ironisch die
Betonung - vor allem bei alten Gassenhauern wie "Don’t Think Twice"
und der allerletzten Zugabe nach zweieinviertel Stunden, "Blowin’ In
The Wind". Zum Schluss geht Dylan vor seinem Publikum kurz in die
Knie - eine Geste, die er vor dieser "Live And In Person"-Tournee
noch nie gemacht haben soll.