Bochum - Im Bochumer Schauspielhaus waren am
Samstag zwei lebende Legenden zu Gast. Im engen Theater unter
Tage feierte Sam Shepards 1987 entstandenes Theaterstück «True
Dylan» über seine Begegnung mit dem Protestsänger Bob Dylan
seine deutschsprachige Erstaufführung. Das Stück bietet eine
Aneinanderreihung von Songs, um die eine recht dünne Handlung
gestrickt ist.
Regisseur Jürgen Kruse, bekannt für seine Vorliebe für
Musik im Theater, brachte das Interview Shepards mit Dylan auf
die Bühne. Was die Zuschauer in rund 100 Minuten zu sehen und
zu hören bekommen, ist eine Art Blick zurück im Qualm. Nach
dem Motto: Ach, wie war es doch vordem mit Musikidolen so
bequem, wird vor allem geraucht, Bier getrunken und natürlich
gesungen. Dabei zeigt Lucas Gregorowicz als Dylan beachtliche
gesangliche Qualitäten, zerschlägt auch schon mal eine Gitarre
und hat überhaupt recht viel Ähnlichkeit mit dem Kultsänger.
Gemeinsam mit Patrick Heyn in der Rolle des Dramatikers Sam
Shepard übertreibt es Bob allerdings mit seinem
Zigarettenkonsum auf der Bühne. Auch nicht militante
Nichtraucher sollten das Theater unter Tage deshalb auf keinen
Fall ohne Mundschutz oder Atemmaske betreten. Was Bob qualmt,
das vertilgt Sam an Bier. Ein ganzes Six-Pack Budweiser reißt
er in der Bochumer Inszenierung auf. Aber irgendwas muss ja
schließlich außer dem Gesang auf der Bühne auch noch
passieren.
Ach ja. Da ist auch noch ein Telefon, das unablässig
schellt, und da sind auch noch fünf stumme Frauen, die während
des gesamten Stücks ihre Runden um die beiden Helden drehen.
Sie stehen vermutlich dafür, dass Frauen bei solchen Figuren
immer nur die Rolle der Kommenden und Gehenden hatten. Das
steht nur scheinbar in Widerspruch zu Bobs dauerndem Gestöhne
ins Mikrofon, dass er sich so alleine fühlt.
Ansonsten erfährt man nicht viel Neues über True Dylan.
Shepard interviewt ihn über die Idole ihrer Jugend, welche
Musik sie beim Einschlafen hörten und welcher Film dabei in
ihrem Kopf ablief. Sie versuchen das Geheimnis von James Dean
- dem großen Idol von Dylan - zu ergründen und das der Frauen
und der Kellnerinnen. Mal singt Dylan Elvis, mal Hank
Williams, mal Woody Guthrie und andere. Das kommt gut.
Zumindest dann, wenn Gregorowicz mit der Gitarre um den Hals
selbst singt. Wenn die Songs mal vom Band kommen, dann wirkt
es auf der kleinen Bühne wie ein Abklatsch einer Playback-Show
im Fernsehen.
Was als Interview beginnt, wird im Verlauf der Aufführung
immer merkwürdiger und entwickelt sich zu einem Dialog über
Einsamkeit, Haltlosigkeit und Obsession eines Musikers, seine
Liebe zur Musik, gepaart mit der ganz speziellen Lustlosigkeit
gegenüber dem, was man gemeinhin Welt nennt. Die rauchenden
Dylan- und Shepard-Fans bei der Premiere sparten nicht mit
Applaus. (dpa)