Bochum. "True Dylan" - dieser Titel weckt
Erwartungen. Der inzwischen 61jährige Bob Dylan gibt fast nie
Interviews, und wenn, dann stilisiert er seinen eigenen Mythos.
Der Dramatiker und ehemalige Drummer Sam
Shepard kennt Bob Dylan. 1975 tourte er mit dem Sänger durch die
USA. Shepard sollte über die Konzertreise einen Film drehen, der nie
fertig wurde. Aber er veröffentlichte zwölf Jahre später das
"Rolling Thunder Logbook", in dem er sich mit der Kultfigur Bob
Dylan auseinander setzte. "Dylan hat sich selbst erfunden", schrieb
Shepard, "Es bringt nichts, ihn zu erklären. Man muss ihn in sich
hineinlassen."
Im gleichen Jahr, 1987, wurde auch Shepards
kurzer Theatertext "True Dylan" gedruckt, ein - laut Untertitel -
"Stück in einem Akt, wie es sich an einem Nachmittag in Kalifornien
wirklich ereignete". Trotzdem steht in den Regieanweisungen nicht,
dass hier Bob Dylan und Sam Shepard aufeinander treffen, sondern
zwei Männer, der eine genannt Bob, der andere genannt Sam. Es sind
Theaterfiguren, keine puren Abbildungen der Wirklichkeit.
Es passiert wenig in "True Dylan". Bob singt
Songs zur Gitarre und erzählt von seiner Begeisterung für James
Dean, Hank Williams und Woody Guthrie. Sam trinkt Bier und stellt
etwas unbeholfen Fragen.
Sam Shepard deutet eine surreale Ebene an,
Jürgen Kruse weitet sie in seiner subtilen und vielschichtigen
Inszenierung zu einer dauerhaft gespenstischen Atmosphäre aus.
Das Stück enthüllt nichts über Bob Dylan, was
man nicht schon wusste. Es geht in "True Dylan" nicht um das, was
sich in den Medien verwerten ließe, sondern um die Darstellung eines
Lebensgefühls.
Lukas Gregorowicz spielt kaum, spricht leise,
schaut fragend und entwickelt dabei eine charismatische Präsenz wie
sie - so oder ähnlich - auch Bob Dylan haben muss. Patrick Heyn ist
der Bodenständigere, der erkennt, dass man Dylan nicht erklären
kann, sondern ihn eben "in sich hinein lassen" muss. Wenn die
beiden, während unaufhörlich der Ozean rauscht, für einen Augenblick
auf die gleiche Wellenlänge gelangen, wirken sie wie ein Paar aus
einem Beckett-Stück, verbunden in der Einsamkeit.
Die nächsten Aufführungen: 3., 7. und 8.
Dezember, jeweils 20 Uhr in der Kellerbühne des Bochumer
Schauspielhauses.
Kartenreservierung unter Tel. 0234 / 33 33
111. 01.12.2002 Von Stefan Keim
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